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Mit Elektrohypersensibilität (EHS) überleben ... ?

Im März 2016 habe ich einen längeren Text dazu geschrieben, was es heisst, mit Elektrohypersensibilität in dieser Welt, in Europa, zu leben. Jetzt, rund zwei Jahre später und um diverse Erfahrungen "reicher", schreibe ich ein weiteres, grundlegenderes, Statement, in dem es u.a. um das Versagen der Politik geht.

Ich beginne hier, bei der Resolution 1815 des Parlaments des Europarates vom 27. Mai 2011, ein wegweisendes Dokument im Hinblick auf die Gefahren von elektromagnetischen Feldern (EMF). Der Analyse der Gefahren folgten Empfehlungen an die EU-Mitgliedsstaaten zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt.

Dazu gehören:

1. der stärkere Schutz von Kindern und Jugendlichen vor elektromagnetischen Feldern, im Hinblick besonders auf das Risiko von Tumoren im Kopfbereich
2. Verzicht auf wireless-Technologie in der Schule, speziell in Klassenräumen
3. Aufklärung und Information über die Risiken für Umwelt und die menschliche Gesundheit 4. verstärkte Forschung zu weniger problematischen Alternativen zu den aktuellen mobilen Kommunikationstechnologien
5. mehr öffentliche Gelder für unabhängige Forschung zu den Risiken von Mobilfunk
6. Schutz von elektrohypersensiblen Menschen, u.a. durch Schaffung von Räumen ohne Funk-Technologien

Man muss leider konstatieren, dass keines der EU-Mitglieder diese Resolution verantwortungsbewusst umgesetzt hat. Mehr als sechs Jahre der Untätigkeit sind vergangen, sechs Jahre auch, in denen die Belastung durch EMF enorm zugenommen hat, mit nicht abschätzbaren Auswirkungen auf insbesondere Kinder und Jugendliche und unsere Lebenswelt als Ganzes!

Wenn über Elektrohypersensibilität und die Gefahren von Mobilfunk diskutiert wird, dann oft so, als wären dies Einbildungen von psychisch kranken Personen, auf Ängsten basierende, übertriebene Reaktionen auf ein Phänomen des technischen Fortschritts. Immer wieder ist das Argument: es ist nicht bewiesen. Es ist dieses Argument, dass uns ohnmächtig machen soll, dass uns, die Menschen, die an EHS leiden, in die Lächerlichkeit abdrängen und mit einem Stempel versehen soll: "nicht glaubwürdig".


Wer sucht, der findet:
Studien weltweit belegen schädigende Auswirkungen


Das Ausmaß an Studien, die in den vergangenen zehn Jahren von Natuwissenschaftlern und Medizinern weltweit gemacht worden sind, belegen aber, auf welch vielfältige Weise Drahtlos-Technologien, v.a. WiFi, in die Funktionsweise unseres gesamten Organismus eingreifen, diese verändern und manipulieren, auf körperlicher, psychischer und geistiger Ebene.

Mit am besten erforscht ist der schädigende Einfluss auf die Spermaqualität, dh. auf die Fruchtbarkeit. Und dies ist interessant und wegweisend: die Natur selbst hat ihre Mechanismen, in einer lebensfeindlichen Umwelt die Reproduktion zu drosseln.

Die Wiener Ärztekammer gibt seit vielen Jahren Empfehlungen zum Umgang mit Handy, Smartphone und drahtlosem Internet heraus, die am Prinzip der Prävention und der Minimierung der Strahlenbelastung orientiert sind.

Recht gut erforscht sind die Risiken von hochfrequenter Strahung im Hinblick auf Hirntumore. Weniger erforscht sind die komplexen und sensiblen Prozesse, die im Gehirn ablaufen und auch in den Drüsen, die die Hormonproduktion steuern, die unser emotionales Befinden beeinflussen. Ich halte es für denkbar, dass es hier Veränderungen gibt unter dem Einfluss starker EMF, Veränderungen, die nicht wünschenswert sind, abgesehen von ihrem manipulativen Charakter. Manipulativ in dem Sinne, dass Emotionen (und Persönlichkeit) sich möglicherweise unter der dauerhaften, langfristigen Exposition im Hochfrequenz-Bereich, und hier sei ganz besonders WiFi genannt, verändern, ähnlich wie es bei Drogen der Fall ist.

Als Gefühle wären zu nennen: verstärkte Reizbarkeit, Aggressivität, Verdunkelung, Ängste, Hoffnungslosigkeit, ja selbst Depression und Suizidalität, als Antwort auf eine beständige, zu hohe Belastung. Wie kann man herausfinden, ob es die elektromagnetische Belastung ist, die diese Gefühlszustände bewirkt? Indem man alles ausschaltet, einen ruhigen und unbelasteten Ort in der Natur sucht, am besten für mehrere Tage, und schaut, wie Körper und Seele reagieren. Ich kann nur sagen: mein Körper und meine Seele atmen auf. Sie atmen auf und hellen sich auf. Körper und Seele kommen wieder zur Ruhe und zu sich selbst.


Leben mit EHS:
unsichtbar und ausgegrenzt


Zum Weltjugendtag in Krakau im August 2016 haben mehrere Organisationen einen langen Brief (The church and the urgent protection of life against electromagnetic pollution) an Papst Franziskus übergeben, in dem sie ihre Sorge um das Leben auf unserem Planeten im Hinblick auf die extreme Zunahme durch elektromagnetische Verschmutzung zum Ausdruck bringen und an die katholische Kirche appellieren, u.a. Maßnahmen zu ergreifen und Kirchen und Klöster von Mobilfunk zu reinigen, auch um dringend benötigte Schutzräume für besonders sensible Menschen zu schaffen.

Die Realität ist leider, in und außerhalb der Kirche, eine vollends andere. Elektrohypersensible Menschen sind nahezu unsichtbar geworden - und rechtlos, aufgrund der Nichtanerkennung von EHS als umweltbedingte Behinderung. Ausnahmen bilden hier Australien, Kanada, Schweden und USA.

Uns wird de facto die Lebensgrundlage entzogen. Je sensibler wir sind, desto ausgegrenzter sind wir. Es gibt so gut wie keine Inklusion. Es gab meines Wissens nach auch von Papst Franziskus keine Reaktion auf den an ihn und die ganze Kirche gerichteten Appell. Ich selbst habe in vielen Gesprächen immer wieder versucht (und versuche es nach wie vor), Priester für das Problem zu sensibilisieren, auch dafür, wie sehr wir ausgegrenzt sind und dass wir und insbesondere Kinder mehr Schutz benötigen, gerade auch in der Kirche und durch die Kirche. Ich bin für alle noch so kleinen Früchte dankbar, die aus diesen Gesprächen entstanden sind, aber sie sind unglaublich hart erkämpft von meiner Seite.

Die grundlegende Erfahrung bleibt, mit sehr wenigen Ausnahmen, die eines stillschweigenden Ausgegrenztseins und die eines Mangels an Empathie und Mitgefühl meine gesamte Situation betreffend.

Es gibt immer wieder diese Erfahrung des Unverständnisses. Und das Unverständnis ist für mich persönlich schlimmer als die Symptome der Elektrohypersensibilität, auch wenn diese dramatisch sein können. Denn das Unverständnis vermittelt mir, wie allein ich mit dem Problem bin, wo ich auf Verständnis und verantwortungsvolles Handeln meiner Mitmenschen angewiesen wäre.


Wer ist betroffen?
Elektrosensibel oder elektrohypersensibel

Ich kann nur empfehlen, sich über dieses Thema zu informieren, da es den Horizont weitet und für das Ausmaß des Problems, der gesundheitlichen Gefahren durch Mobilfunk, sensibilisiert und uns zu verantwortungsbewussten, selbstbestimmten Akteuren macht. Das führt zu der entscheidenden Frage: wer ist betroffen? Ich würde antworten: prinzipiell alle. Die Toleranz ist individuell sehr verschieden. Eine Vielzahl von Menschen, die nicht elektrohypersensibel sind, reagiert dennoch mit Symptomen auf ein zu hohes, schädigendes Maß an Strahlenbelastung. Die Unterschiede sind schlicht graduell.

"When the waves are broken up or pulsate, our cells are over-stimulated. Over time this can cause pathological effects."
(Zitat eines Wissenschaftlers aus dem Trailer zum Film "Desperately seeking white zone")

Elektroyhpersensible Menschen sind um ein Vielfaches sensibler für Schädigungen und der Körper reagiert extrem stärker als der eines gesunden Menschen. Aber auch die Reaktionen gesunder Menschen zeigen, dass die hohe Belastung mit hochfrequenter und gepulster (!) Strahlung vom Körper (und von der Seele) als kritisch wahrgenommen wird und er mit Stressreaktionen reagiert. Diese Einschätzung habe ich aufgrund der vielen Gespräche mit Menschen bekommen, die nicht elektrohypersensibel sind. Ein Beispiel: auf einem Flug saß ich neben einem jungen Mathematikprofessor und wir kamen auf dieses Thema und er sagte, wenn er vergesse, sein Smartphone nachts auszuschalten, habe er am nächsten Morgen Zahnschmerzen. Einmal habe ich einem Mann mit Schlafstörungen empfohlen, sein Smartphone nachts auszuschalten (ein WiFi hat er nicht in der Wohnung); und er schläft seither deutlich besser.

Und, noch ein paar Indikatoren dafür, dass viele Menschen mit gesundheitlichen Beschwerden auf die dauerhaft viel zu hohe Belastung durch Mobilfunk reagieren: die starke Zunahme von konzentrationssteigernden Mitteln, spezifisch an junge Menschen (Schüler und Studenten) gerichtet, und an schlaffördernden Präparaten, hier z.B. Melatonin, in Reformhäusern und anderswo. Wenn ich mir Werbung anschaue, dann erkenne ich, welche Präparate sich an Menschen richten, die durch ein Übermaß an drahtloser Kommunikation (Smartphone, WiFi etc.) erschöpft sind und an Schmerzen, v.a. an starken Kopfschmerzen, leiden.

Bei den Elektrohypersensiblen gibt es zwei "Kategorien": die einen, die seit langer Zeit elektrohypersensibel sind, schon lange bevor der eigentliche Boom begann und die diese Technologien kaum genutzt haben. Und die anderen, die von einem auf den anderen Tag elektrohypersensibel werden. Hierzu exemplarisch das Interview mit Dafna Tachover, israelische Anwältin.

Sie hat WATE (We are the evidence) geschaffen, eine Internet-Plattform, auf der u.a. Menschen von ihrem Leben mit EHS erzählen, darunter einige IT-Ingenieure und Manager. Ich bin dankbar für diese Initiative und dafür, dass andere Menschen mit EHS an die Öffentlichkeit gehen. Es ist wichtig, denn das große Problem ist, dass an unserer Glaubwürdigkeit gezweifelt wird.

Die entscheidende Frage:
Wie und wo mit EHS (über)leben?

Wenn ich schreibe, dass wir in die Unsichtbarkeit abgedrängt sind - ja, es ist so: sichtbar sind nur die, die ihre Smartphones nicht aus den Händen geben können und ständig und überall damit kommunizieren. Wir sind aus diesen Lebensräumen nahezu verschwunden. Wir leben in einer Welt, zu der wir nicht mehr gehören, in der wir keinen Platz mehr haben. Wir können nicht mehr ins Konzert gehen, kaum mehr in die Kirche, nicht in Einkaufszentren, Cafés, Kinos, kaum mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, nur mit Schwierigkeiten einkaufen usw. Ja, wir können nicht mal zum Arzt gehen, im Wartezimmer mit anderen Patienten sein, oder uns im Krankenhaus behandeln lassen, weil dies in unserem extrem sensiblen Organismus einen Schock bewirken kann. Ich habe von elektrohypersensiblen Menschen gehört, die isoliert in der Natur leben und in Ohnmacht fallen, wenn sie ohne Schutzkleidung in eine Stadt gehen, um etwas zu erledigen. Ich weiss von einer Frau, die nachts nicht in ihrem Haus schläft, weil sie der Belastung aus der Nachbarschaft nicht gewachsen ist, sondern weiter weg in einem Zelt.

Ich schreibe nicht von meinen eigenen Erfahrungen. Sie sind einfach zu schlimm!
Dies alles ist ein Beleg dafür, dass wir in einer menschenunwürdigen Situation sind, und dies nur deshalb, weil wir zu sensibel sind für das, was aus unserem Lebensraum geworden ist und weil es niemanden gibt, der uns schützt (auf politischer und gesetzlicher Ebene) oder hilft. Einige Worte zu Therapien: in Kanada gibt es ein Therapiekonzept, aber die Wartezeiten für einen Platz in der Klinik betragen ca. ein Jahr. Es gibt Möglichkeiten der Heilung und v.a. der Linderung der Symptome, aber es gibt, in Europa, kaum Ärzte, die EHS kennen und behandeln. Und die Therapie beinhaltet immer auch, möglichst keiner Hochfrequenzstrahlung ausgesetzt zu sein, über lange Zeit.


Elektrohypersensible Kinder und Jugendliche:
Welche Gegenwart und Zukunft haben sie?

Die meisten Menschen (wie auch Politik, Gesundheitssystem, Kirche etc.) verschließen die Augen vor den Risiken dieser lebensfeindlichen Technologien. Die Auswirkungen auf Kinder, die jetzt aufwachsen, in einer Lebenswelt voller EMF, vom Mutterleib über den Kindergarten bis in die Schule, sind nicht abzusehen. Aber es gibt auch Kinder, die an EHS leiden. Welche Gegenwart und welche Zukunft haben sie in einer Welt, die von diesen Technologien verseucht (ja, ich benutze dieses Wort, da mir kein anderes, passenderes einfällt) ist?

Zum Schluss die Frage: warum wird EHS nicht, wie in Schweden und Kanada als umweltbedingte Behinderung anerkannt, von den restlichen EU-Staaten und Staaten weltweit? Es gibt inzwischen Möglichkeiten des Nachweises. Warum wurde und wird die Resolution 1815 des Parlaments des Europarates nicht umgesetzt, v.a. zum Schutz der Kinder und Jugendlichen?

Ich stelle diese Fragen, ins Leere hinein. Aber ich möchte hier an alle, v.a. an alle, die Eltern sind, appellieren, aufzuwachen und besonders die Kinder und Jugendlichen nicht in diesem Ausmaß diesen Technologien auszusetzen, v.a. nicht in Kindergarten und Schule!
Dass es Alternativen gibt, zeigt der Dokumentarfilm "Generation Zapped". Das, was alle machen können, ist, wireless-Technologien in der Privatsphäre zu reduzieren und z.B. eine Kabel-Verbindung zu nutzen, um zu Hause online zu gehen.

Ich kann nur sagen: so lange es keine Anerkennung von EHS und Schutz vor den Gefahren durch hochfrequente Strahlung gibt, so lange wird uns ein menschenunwürdiger Überlebenskampf abverlangt, den wir, ohnehin krank und nicht belastbar, nicht bewältigen werden, wenn diese Technologien mit dem Tempo ausgebaut werden wie es in den vergangenen Jahren der Fall war.

Dazu zählen auch Pläne einiger Firmen, darunter Google und Facebook, ein satellitengestütztes, weltweit sendendes Wifi aus dem Weltraum aufzubauen. Ich fürchte, es wird kommen, trotz vielfältiger Proteste. Und dann? Dann können wir, die elektrohypersensiblen Menschen, uns von diesem Planeten "verabschieden" ... dann können wir nirgendwohin mehr ausweichen. Dann gibt es keine Zufluchtsorte (white zones) mehr für uns, so isoliert sie auch sein mögen. Wir sind solchen Belastungen nicht gewachsen. Dies wäre eine Entscheidung für eine Technologie und gegen uns, gegen Millionen von Menschen auf diesem Planeten, die elektrohypersensibel sind und es in den nächsten Jahren werden.

Assisi, Italien, 19.2.2018


Bitte: wenn Sie mögen, v.a. wenn Sie selbst betroffen sind, schreiben Sie mir:
info@luaverde.com

Ein kleiner Traum: Ich würde gerne ein kleines B&B schaffen, in einer Gegend, die unbelastet ist, für elektrohypersensible Menschen und für Menschen und besonders für Familien mit Kindern, die einige Tage an einem Ort ohne Mobilfunk sein möchten. Es ist ein Traum, da ich keine Mittel für ein derartiges Projekt habe.

Hier noch einige Links:

www.electroplague.com - Website der kanadischen Biologin Kim Goldberg

mit a) Porträts von elektrohypersensiblen Menschen, darunter auch zwei Kinder,
b) Auflistung weltweit existierender "White Zones" (Orte in der Natur ohne Funksignale) und c) Filmmaterial und anderen nützlichen Informationen zum Thema, z.B. auch der Bedrohung der Biodiversität durch ein geplantes satellitengestütztes WiFi

wearetheevidence.org - Website der israelischen Anwältin Dafna Tachover, auf der Menschen Zeugnis davon geben, dass wireless-Technologie krank macht, mit ergänzenden Informationen zu Studien bezüglich reduzierter Fruchtbarkeit, Krebserkrankungen, Autismus und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen

WEEP: Living with Electrohypersensitivity. A survival guide

http://www.ofthebox.org/wifi-experiment-done-group-9th-grade-students-got-serious-international-attention/
- ein erstaunliches Experiment, das zeigt, wie Kressesamen in der Nähe zweier WiFi-Router sich "entwickeln" bzw. absterben. Ein Indiz, dass alles Leben elektrosensibel ist

Filme:

"Where can we live": Dokumentarfilm über zwei Schwedinnen, deren Leben sich mit EHS dramatisch verändert hat

"Desperately seeking white zone": Französischer Dokumentarfilm über elektrohypersensible Menschen, mit Stellungnahmen von Wissenschaftlern zu den Risiken des Mobilfunks generell

ein kurzer Film aus Asien über das, was Babies brauchen (und was definitiv nicht ...)